Fehler machen ist besser als perfekt sein
Heute reden wir über Perfektionismus. Dieses selbstgebastelte Gefängnis mit goldenen Gitterstäben, das die Welt uns verkauft hat – als wär’s etwas Erstrebenswertes.
Perfektionismus. Das klingt wie ein Kompliment in einem Bewerbungsgespräch. „Ich bin sehr perfektionistisch.“ Heißt übersetzt: Ich bin innerlich zerrissen, kann nicht loslassen und schlafe mit dem schlechten Gewissen im Bett, weil ein Pixel im Layout verrutscht ist. Perfektionismus ist kein Ehrgeiz. Es ist Angst im Frack. Es ist das ständige Gefühl, nicht zu genügen – auch wenn du schon drei Stunden länger gearbeitet hast als alle anderen. Es ist das permanente Rotieren im Kopf, der nie „genug“ sagt.
Es ist der innere Kritiker, der mit der Stimme deines Vaters spricht, deiner Lehrerin, deines Exfreundes.
Und der nie die Fresse hält.
Die Wahrheit ist: Perfektionismus ist eine verdammt teure Droge. Er macht dich produktiv – aber nicht kreativ. Er bringt dich voran – aber nicht zu dir selbst. Er lässt dich strahlen – aber innen verrotten. Denn was passiert, wenn du Fehler machst? Nichts, gar nichts. Die Welt dreht sich weiter, dein Herz schlägt, die Sonne geht auf. Aber du – du kauerst im mentalen Dreckloch, zerkaust jedes Detail, als wär’s ein Beweismittel in deinem eigenen Strafprozess.
Warum? Weil dir irgendein Lehrer mit Kreidestaub in den Haaren mal gesagt hat, Fehler sind schlecht. Weil du Noten kassiert hast wie Backpfeifen. Weil du gelernt hast: Wenn du perfekt bist, wirst du geliebt. Bullshit. Du wirst nicht geliebt für deine Fehlerlosigkeit. Du wirst bewundert, aber nicht berührt. Und Bewunderung ist keine Nähe. Es ist Abstand mit Glitzer. Niemand kann zu dir durchdringen, wenn du ständig die glänzende Version deiner selbst ausstellst. Du wirst zu einer Statue – schön, kühl, einsam.
Fehler sind menschlich. Sie sind ehrlich, sie sind das, was passiert, wenn du lebst, statt nur zu funktionieren. Ich hab mehr Fehler gemacht, als meine Leber Zellen verloren hat. Ich hab Menschen enttäuscht, hab mich blamiert. Hab falsche Entscheidungen getroffen, mit voller Geschwindigkeit. Und weißt du was? Ich lebe noch, mehr denn je. Weil ich dabei etwas gelernt hab, das kein Erfolg mir je beigebracht hat: Was zählt, ist, dass du wieder aufstehst. Nicht, dass du nie gefallen bist.
Perfektion ist steril. Fehler sind lebendig und nur wer lebt, kann wachsen. Du willst schreiben? Dann schreib, nicht perfekt – sondern echt. Du willst lieben? Dann lieb, nicht mit Strategie – sondern mit Mut. Du willst leben? Dann mach Fehler, lern aus ihnen, lach über sie. Trag sie wie Narben, nicht wie Scham.
Perfektionismus lähmt. Er frisst dich auf. Er macht jede Bewegung zu einem Risiko, jede Idee zu einem Projektplan mit 27 To-Dos. Und am Ende sitzt du da, umgeben von angefangenen Dingen, die nie gut genug waren, um fertig zu werden. Die Angst, Fehler zu machen, ist schlimmer als jeder Fehler selbst. Sie macht dich stumm und wenn du zu lange perfekt sein willst, hörst du irgendwann auf zu existieren.
Fehler sind notwendig. Weil sie zeigen, dass du’s versucht hast. Dass du nicht nur beobachtest, sondern teilnimmst. Dass du nicht nur funktionierst, sondern fühlst. Du kannst nicht gleichzeitig frei und perfekt sein. Entscheid dich. Ich hab mich entschieden. Ich sitz hier, mit meinen Fehlern wie mit alten Freunden.
Sie erinnern mich daran, wer ich war – und wer ich geworden bin. Und wenn du jetzt denkst, „aber was, wenn ich es vermassle?“ Dann sag ich: Gut so. Vermassele es, lern, wachse. Mach’s beim nächsten Mal anders oder auch nicht. Aber hör auf, dein Leben zu planen wie ’ne verdammte Steuererklärung.
Du bist kein Roboter. Du bist ein Chaos mit Herzschlag. Und genau das macht dich schön.